helnwein archiv

Albertina, Wien – 30. November 2000

Gottfried Helnwein

ÖSTERREICHISCHE KÜNSTLER - JETZT

von Angela Stief

Gottfried Helnwein

Nicht nur um die Spannbreite des künstlerischen Darstellungsmodus, der sowohl reduktiv wie expressive ist, zu demonstrieren, sondern auch, um die Gattung der Portraits zu ergänzen, sei kurz auf die "Selbstportraits" verwiesen. Die Akribie der Fotografien und "silver" prints, die Präzision der Zeichnungen und die Radikalität der Farbmalerei, die die eigene Gestalt zum Schimmer ihrer Selbst werden läßt, indem Form und Kontur fast bis zur Gänze aufgelößt ist, verdeutlichen Schmerz, Angst, Leid und Ohnmacht. Auch das so oft anzutreffende Portrait von Gottfried Helnwein, welches ihn durch das an sein Gesicht angepaßte, ärztliche Instrumentarium, zur Grauen erregenden Maske mutieren läßt, ist Schrecken der eigenen Erscheinung. Erblindung, Schrei und Fessel stoßen ab, indem die tiefsten psychischen Abgründe anschaulich inszeniert und allegorisiert werden.

Katalog zur Ausstellung

GOTTFRIED HELNWEIN
Das mediale Spektrum, das Gottfried Helnwein in seinen Arbeiten umreißt, könnte nicht vielfältiger sein. Egal ob Malerei, Graphik, Theater, Werbung, Film, Fotografie, Skulptur oder Performance, nichts scheint ihm fremd. Souverän benutzt er die Medien und ihre formalen und technischen Möglichkeiten. Zudem beschränkt er sich zwar auf thematische Schwerpunkte, denen es aber nie an Referenzpunkten zu Welt fehlt: Politik, Walt Disney oder Religion, alles wird aktualisiert und kommentiert.

Die mixed media - Serie "Fire", der ein fotografischer Naturalismus zugrunde liegt, ist in den Jahren 1994 bis 1996 entstanden und setzt das Interesse von Gottfried Helnwein an Portraits, egal ob religiöse Idole, Rockstars, Verbrecher, bildende Künstler, Politiker oder Schauspieler uneingeschränkt fort. In dieser Serie scheint das Portrait realistisch und nüchtern, kaum mehr als eine objektive Abbildung von Menschen, die es scheinbar wert sind, abgebildet zu werden. Dahingegen antworten die "48 Portraits" von 1991, die ausschließlich Gesichtsaufnahmen weiblicher Persönlichkeiten includieren, auf ein Werk eines anderen Künstlers, nämlich Gerhard Richter. Scheint bei "Fire" der künstlerische Kommentar noch sehr zurückgenommen, so spurt man in den "48 Portraits" bereits gesellschaftliche Kritik. Kritik übt Helnwein auch an einer gesellschaftlich etablierten Darstellungsweise, nämlich den Hochglanzbildern der "Hochglanzpersönlichkeiten". Selbst wenn sich der Künstler zum Beispiel mit Andy Warhol, Charles Bukowski oder William S. Burroughs bereits Berühmtheiten auswählt, die sowohl für ihre Genialität, als auch für die dunkle Seite ihrer Persönlichkeit bekannt sind, scheint die Art der Darstellung doch nicht nur psychologisierend zu sein, da besonderes Augenmerk auf das Abgründige und Kaputte im Menschen gelegt worden ist.

Nicht nur um die Spannbreite des künstlerischen Darstellungsmodus, der sowohl reduktiv wie expressive ist, zu demonstrieren, sondern auch, um die Gattung der Portraits zu ergänzen, sei kurz auf die "Selbstportraits" verwiesen. Die Akribie der Fotografien und "silver" prints, die Präzision der Zeichnungen und die Radikalität der Farbmalerei, die die eigene Gestalt zum Schimmer ihrer Selbst werden läßt, indem Form und Kontur fast bis zur Gänze aufgelößt ist, verdeutlichen Schmerz, Angst, Leid und Ohnmacht. Auch das so oft anzutreffende Portrait von Gottfried Helnwein, welches ihn durch das an sein Gesicht angepaßte, ärztliche Instrumentarium, zur Grauen erregenden Maske mutieren läßt, ist Schrecken der eigenen Erscheinung. Erblindung, Schrei und Fessel stoßen ab, indem die tiefsten psychischen Abgründe anschaulich inszeniert und allegorisiert werden.

Ein krasser Kontrast fällt beim Vergleich von "Kindskopf", der Installation in der Minoritenkirche in Krems/Stein von 1990/91, und "Apokalypse", der Installation in der Dominikanerkirche in Krems von 1999, auf. In beiden Installationen wird die ausschlaggebende Spannung durch das Spiel von Bild und Kontext gebildet. Das eine Mal treffen wir auf bildliche Affirmation des religiösen Orts, indem sich der meditative und introvertierte räumliche Charakter im Portrait widerspiegelt. Das andere Mal erlebt der Betrachter den Schock der Differenz: nicht mehr deformierte Kinder, sondern kindliche Deformationen wirken monströs und blasphemisch in der räumlichen Heiligkeit.

Ausstellungskatalog
25. January 2001 - 07. March 2001
Albertina, Wien
Ingried Brugger, Angela Stief
PAINTING - AUSTRIAN ARTISTS NOW
Albertina, Wien - 10. 10. 2000 - 18. 10. 2000
Galerie Suppan, Wien - 23.10. - 25.11. 2000
Museum of Fine Art, Budapest - 25.1. bis 7.3.2001
Kuratoren:
Ingried Brugger, Gabriela Fritz
Organisation und Koordination:
Gabriela Fritz und Martin Suppan

2001 Albertina, Wien Angela Stief

http://www.helnwein-education.com
http://www.helnwein.net/start.html
http://www.helnwein.org