helnwein archiv

GEOspecial – 2. Mai 2007

Die Kunst zu leben - Helnwein in Ireland

von Stefanie Richter

"Vor zehn Jahren sind wir zu Weihnachten mit der ganzen Familie durch Irland gefahren, von Dublin nach Galway. Wir haben kein Auto getroffen. Da war nur Sturm und Wind und Regen und Schnee. Wir haben in kleinen Hotels und winzigen Pubs angehalten, wo es noch nach Torffeuer roch. Und aus einem unerfindlichen Grund haben wir uns in das Land verliebt. Ich hatte das Gefühl, das ist Heimat..."

Mögen in schlechten Zeiten auch Abertausende Iren das Land verlassen haben - Kreative aus der Fremde hat Irland schon immer angezogen. Gottfried Helnwein, Maler aus Österreich: "Man kann eigentlich nicht sagen, warum Irland so ein wunderbares Land sein soll. Es ist eine winzige Insel, es gibt keine tollen Bauwerke, verglichen mit anderen europäischen Ländern gibt es keine fantastischen Städte, es ist karg. Aber es hat irgendetwas ganz Besonderes, etwas Magisches. Vor zehn Jahren sind wir zu Weihnachten mit der ganzen Familie durch Irland gefahren, von Dublin nach Galway. Wir haben kein Auto getroffen. Da war nur Sturm und Wind und Regen und Schnee. Wir haben in kleinen Hotels und winzigen Pubs angehalten, wo es noch nach Torffeuer roch. Und aus einem unerfindlichen Grund haben wir uns in das Land verliebt. Ich hatte das Gefühl, das ist Heimat. Mittlerweile besitze ich sowohl die irische als auch die österreichische Staatsbürgerschaft. Das ist eigentlich nur in Ausnahmefällen möglich. Aber wenn es nicht gegangen wäre, hätte ich den österreichischen Pass abgegeben. Die irische Staatsbürgerschaft bedeutet für mich ein Stück Freiheit. Ich glaube, Irland ist das freieste Land der westlichen Welt. Im Gegensatz zu Amerika, Österreich oder Deutschland wird man hier nicht so überwacht und kontrolliert. Niemand kümmert sich um einen, man kann machen, was man will. Das ist wirklich angenehm, das brauche ich. In Irland habe ich begonnen, Landschaften zu malen. Eigentlich hatte ich immer nur Menschen als Thema. Aber der Ausblick von meinem Haus in Tipperary ist so unglaublich, man staunt, wie schön das ist. Man sieht nur Kühe, Berge und Schafe, kein Haus. Da habe ich gedacht: Landschaftsmaler müsste man sein! Und dann habe ich mich erinnert, dass die allerersten Bilder, die ich gemalt hatte, bevor ich auf die Akademie ging, kleine Landschaftsbilder waren, in der Nachfolge der Romantiker. Das hatte ich völlig vergessen. Die neuen Bilder habe ich inzwischen im Museum in Cork gezeigt, die Ausstellung hieß "Irish and other Landscapes". Wenn ich nur in Irland leben würde, wäre das allerdings auch nicht gut. Es ist zu ideal. Ich brauche die Auseinandersetzung mit der wirklichen Welt. Deshalb arbeite ich auch in Los Angeles. Es ist ein guter Ort, weil es die totale Dekadenz ist. Wenn man sehen will - und für meine Arbeit ist das wichtig - wie tief die westliche Zivilisation gesunken ist, wenn man den Untergang des römischen Reichs noch einmal erleben will, dann ist das der richtige Platz. Man merkt, das ist eine Kultur, die am Zerfallen ist. Ich muss sagen, ich halte das gut aus, weil es mich interessiert. Und vor allem, weil ich weiß, da drüben ist eine kleine grüne Insel, das ist mein Zuhause und dahin kann ich immer wieder zurück."