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Bonn – 1. Februar 2003

Klaus Honnef, die Techniken

GOTTFRIED HELNWEIN - DIE TECHNIKEN

von Klaus Honnef, Curator for photography and new media, Rheinisches Landesmuseum, Bonn

Gottfried Helnwein, keine Frage, ist ein Künstler auf der Höhe der Zeit. Wie alle avancierten Künstler hat er sich nicht nur den Herausforderungen der neuen Techniken gestellt, vielmehr meistert er sie, indem er sie zur immer vollkommeneren Verwirklichung seiner künstlerischen Vorstellungen planvoll nutzt. Niemals verwendet er Technik um ihrer selbst willen oder um mit vordergründigen Effekten zu verblüffen. Er ordnet im Gegenteil die technischen Mittel den Zwecken seiner künstlerischen Ziele strikt unter. Für seine zeitgebundenen Aktionen zu Beginn seiner künstlerischen Praxis waren Fotografie und Film die einzig angemessenen Mittel, wenigstens einen Rest ihrer provokativen Wirkung mit dem Siegel der Authentizität zu erhalten. In diesem Fall war der eigene Körper das hauptsächliche Mittel des künstlerischen Aktes.

Solange es Ziel künstlerischer Bestrebungen ist, unbekannte Territorien der menschlichen Wahrnehmung zu erobern, ist auch die Frage der jeweiligen Technik akut. Deshalb ranken sich seit der Antike zahlreiche Künstleranekdoten um dieses Problem. Die vollkommene Beherrschung der technischen Mittel einerseits und die Entdeckung noch besserer technischer Mittel, um die vorgenommenen Ziele zu erreichen, andererseits, gelten von jeher als Ausweis künstlerischer Meisterschaft. Nicht von ungefähr wurde der große Jan van Eyck häufig mit der Erfindung der Ölmalerei in Zusammenhang gebracht.

Die Moderne hat den herkömmlichen Techniken der Kunst neue hinzugefügt, mechanische wie die sogenannten analogen Systeme Fotografie und Film und elektronische wie die sogenannten digitalen Systeme Video und Computer. Immer haben neue Techniken der Kunst neue Horizonte erschlossen. Dabei hat es bisweilen lange gedauert, bis die Öffentlichkeit den neuen Techniken künstlerische Legitimität eingeräumt hat. Bei der Fotografie fast hundert Jahre, beim Film zwanzig und bei den digitalen Techniken beinahe zehn. Inzwischen gelten Fotografie, Film und Video als selbstverständliche Mittel in der Hand von Künstlern wie Pinsel, Zeichenstift, Stichel, Hammer, Meißel, Leinwände, Holz, Stein und Metall. Ausstellungen mit besonderem Einfluss auf die Kunst der Gegenwart wie Documenta in Kassel und Biennale in Venedig sind ohne fotografische und filmische Beiträge inzwischen nicht mehr denkbar.

Gottfried Helnwein, keine Frage, ist ein Künstler auf der Höhe der Zeit. Wie alle avancierten Künstler hat er sich nicht nur den Herausforderungen der neuen Techniken gestellt, vielmehr meistert er sie, indem er sie zur immer vollkommeneren Verwirklichung seiner künstlerischen Vorstellungen planvoll nutzt. Niemals verwendet er Technik um ihrer selbst willen oder um mit vordergründigen Effekten zu verblüffen. Er ordnet im Gegenteil die technischen Mittel den Zwecken seiner künstlerischen Ziele strikt unter. Für seine zeitgebundenen Aktionen zu Beginn seiner künstlerischen Praxis waren Fotografie und Film die einzig angemessenen Mittel, wenigstens einen Rest ihrer provokativen Wirkung mit dem Siegel der Authentizität zu erhalten. In diesem Fall war der eigene Körper das hauptsächliche Mittel des künstlerischen Aktes.

Die Fotografie ist auch das überzeugendste Medium für seine prägnanten Porträts herausragender Repräsentanten der internationalen Medienkultur. Gemalte Porträts von Warhol bis Jackson würden seltsam verfehlt anmuten. Die Malerei kommt hingegen zum Zuge, wenn Helnwein eine Wirklichkeit wiedergeben will, die alles Reale an Wirklichkeit weit übertrifft und im Bild so wirklich erscheinen soll, dass sie einem (Alb)-Traum gleicht: nämlich wirklicher als die sicht- und erfahrbare Realität. Oder anders ausgedrückt: Eine Wirklichkeit, die allein mit den Mitteln der Malerei zu verwirklichen ist, obwohl sie auf den ersten Blick wie eine fotografische Wirklichkeit aussieht. Helnwein ist ein Meister in der Anwendung der unterschiedlichsten künstlerischen Techniken, sei es aller möglichen Druckverfahren, sei es der Fotografie, des Films und nicht zuletzt der Malerei.

Dabei gehört es durchaus zu seiner künstlerischen Signatur, dass er die Betrachter seiner Bilder häufig über die technischen Voraussetzungen seiner Bilder im Unklaren lässt und verschiedene Techniken in unterschiedlichen Werkphasen miteinander kombiniert, ohne dass dem ungeschultem Auge ersichtlich wird, wie sich die einzelnen Techniken zueinander verhalten. Das ist letzten Endes auch nicht wichtig. Wichtig ist stattdessen, dass die Dinge anders sind, als sie erscheinen. Denn natürlich geht es Gottfried Helnwein - wie jedem bedeutenden Künstler - darum, mit seinen Werken die Grenzen der eingeschliffenen Wahrnehmungsformen zu irritieren und diese zu überschreiten, um die ungeheure Vielfalt der Erscheinungswelt ins richtige Licht zu rücken. Und dazu beschreitet er unaufhörlich ungewöhnliche Wege.