helnwein archiv

Süddeutsche Zeitung, Münchner Kultur – 10. September 1997

Hamletmaschine", 1997

MIT TRENCHCOATS GEGEN DIE MACHT DES STAATES

von Reinhard J. Brembeck

Gert Hof gibt mit Heiner Müllers "Hamletmaschine" und Helnweins Bühnenbild in der Muffathalle sein hiesiges Regiedebüt

Abendzeitung,München – 9. September 1997

"Hamletmaschine", 1997

"EIN GUTER MANN"

von Tim Pröse

Der Streit um Helnweins Bühnenbild für die "Hamletmaschine"
Eine Witwe ruft nach Zensur. Mit Gewalt, Hass und der Macht der Diktatur setzt sich die "Hamletmaschine" von Heiner Müller auseinander - so wie auch das Bühnenbild des Wiener Künstlers.
Das passt der Witwe des in schwarzer Totenkopfuniform abgebildeten SS-Mannes nicht. Die Münchnerin Ingeborg Wünsche will das Bühnenbild heute per einstweiliger Verfügung verbieten lassen. Die Muffathallen- Betreiber und deren Anwalt Günter Seefelder aber wollen "bis in die letzte Instanz" gegen die Zensur kämpfen.

Focus Magazine – 8. September 1997

Focus Magazine, 1997

HELNWEIN UNTER BESCHUSS

von Focus

Skandalbild
Theaterstreit in München: Per einstweiliger Verfügung will die Rentnerin Ingeborg Wünsche die Aufführung von Heiner Müllers "Hamletmaschine" am kommenden Donnerstag im Kulturzentrum Muffathalle stoppen.
Das Bühnenbild für das Stück gestaltete der umstrittene österreichische Maler Gottfried Helnwein, 48. Er bearbeitete ein Foto, das Adolf Hitler im Kreis von SS-Leuten zeigt, indem er den Diktator durch eine Madonna ersetzte. Auf diesem Bild hat die Klägerin ihren verstorbenen Mann erkannt. Dessen Persönlichkeitsrechte würden mit der Veröffentlichung verletzt. Sie fordert eine optische Verfremdung.
Helnwein zeigt sich unnachgiebig: "Auf meine Bilder kommen keine Balken."

Applaus, Kultur-Magazin – 1. September 1997

Heiner Müller, Gert Hof, "Hamletmaschine", 1997

ICH BIN NICHT HAMLET

von Axel Sanjosz

"Hamletmaschine" in der Muffathalle. Bühnenbild: Helnwein

(Cover-story)
Helnwein gestaltet das Bühnenbild zu Heiner Müllers "Hamletmaschine" in der Regie von Gert Hof
Die Schonungslosigkeit, mit der Helnwein den Täter-Opfer-Mechanismus thematisiert - sei es im Einfangen einer Athmosphäre der erbarmungslosen Kälte -, ruft Befremden und Abwehrreaktionen hervor, die sich des öfteren als Skandale niedergeschlagen haben...
Dagegen leuchtet die Affinität zwischen Helnwein und Heiner Müllers Hamletmaschine unmittelbar ein, nicht nur weil am Ende, wie es die Regieanweisung verlangt, Ophelia in Mullbinden eingeschnürt wird. Die gewalttätige Sprache des Ende 1995 verstorbenen Dramatikers und Regisseurs bohrt sich, statt wie bei Helnwein mit chirurgischen Instrumenten, mit Worten ins Fleisch. Auch hier geht es um Opfer, allerdings um Opfer, die sich wehren und in der Wahl ihrer Mittel die Brutalität ihrer Umwelt widerspiegeln.

Fachzeitschrift Visions, Ausgabe 59 – 22. Juni 1997

Rammstein, 1997

RAMMSTEIN: EIN BISSCHEN STUMPF MUSS SEIN

von Ingo Neumayer

Daß der Proll-Anteil im Publikum, der so oder ähnlich genauso bei den Ärzten, Hosen oder gar Böhsen Onkelz zu finden ist, in letzter Zeit zugenommen hat, hat Flake ja bereits erwähnt. Das ist doch irgendwie seltsam: auf der einen Seite der "künstlerische" Aspekt Rammsteins, der sich in der Zusammenarbeit mit David Lynch, Gottfried Helnwein und einer geplanten Anti-Bücherverbrennungs-Performance zeigt, und andererseits solche Fans. Wie paßt denn das zusammen?

Prinz, München – 30. November 1996

"Hamletmaschine", 1997

DIE HÖLLENMASCHINE

von Kathrin Niemeyer

Das Ensamble des "Exorzismus eines Alptraums" ist die französische Kultband Les Tambours du Bronx. Bühnenbild und Kostüme schuf Popartist und malendes Enfant Terrible Gottfried Helnwein. Hof will aus Müllers Textfragmenten kein verschrobenes Intellektuellentheater machen. Er verspricht eine "Performance der Sinne. Ein Triptychon aus Musik, Malerei und Licht."

Museum für Neue Kunst, ZKM (Zentrum für Kunst und Medientechnologie), Karlsruhe – 30. November 1996

Museum für Neue Kunst, ZKM (Zentrum für Kunst und Medientechnologie), Karlsruhe, 1997

KUNST DER GEGENWART

von Heinrich Klotz, Kurator, Museum für Neue Kunst, ZKM, Karlsruhe

Gottfried Helnwein wurde 1948 in Wien geboren. Von 1965 -69 studiert er an der Höheren Grafischen Lehr- und Versuchsanstalt und von 1969 -73 Malerei an der Akademie der Bildenden Künste in Wien.

Kölner Stadt Anzeiger – 10. Oktober 1996

Retrospektive im Staatlichen Russischen Museum, St. Petersburg, 1997

EIN MÄDCHENKOPF FÜR SANKT PETERSBURG

von Lothar Deeg

Peter Ludwig schenkte Museum Helnwein-Bilder
"Anna aus, ich glaube, Kiel", war die unübersehbare Hauptfigur bei der Eröffnung der Ausstellung des österreichischen Malers Gottfried Helnwein im Russischen Museum in Sankt Petersburg.
Wenn Kunst aus dem Westen den Weg nach Russland findet - um dort zu bleiben -, stehen zwei den Petersburgern inzwischen wohlbekannte Namen dahinter:
Irene und Peter Ludwig, die dem Russischen Museum wieder eine Schenkung gemacht haben.
Mit jeder seiner exakt gezeichneten Hautporen und jeder Wimper ist dieses Kind Subjekt - und nicht nur einfach Objekt für einen Maler, der Gigantismus mit Detailversessenheit kombiniert.
"Menschlichkeit im Riesenmass", interpretierte Ludwig das Bild.

fotoMAGAZIN, Kunstmarkt – 1. Mai 1996

Interview mit dem Kunstsammler Peter Ludwig, 1996

FOTOGRAFEN UND MALER

von AEM

Interview mit dem Kunstsammler Peter Ludwig
Die Kunstsammler Irene und Peter Ludwig gehören zu den wichtigsten Sammlern moderner Kunst. Ohne das Engagement von Professor Ludwig und seiner Frau wäre Köln "kunstärmer". Das nach Mäzen Ludwig benannte Ludwig-Museum widmet sich auch der modernen Fotokunst. Derzeit wird eine maßgebliche Fotokunst-Ausstellung vorbereitet. Grund genug, den berühmten Sammler Mäzen zu seinem Verhältnis zu Fotokunst zu befragen.fm: Trotzdem: Wozu denn so etwas wie die Arbeiten von Richter oder Helnwein, die Lexikonfotos abmalten?Ludwig: Der Künstler benutzt die Fotovorlagen, um daraus Bilder zu machen - und das ist etwas, was es schon im 19. Jahrhundert gab. Lehnbach hat seine berühmten Porträts der Zeitgenossen nach Fotos gemalt. Richter und Helnwein haben den Fotovorlagen einen zusätzlichen Akzent gegeben - sie haben sie in Bilder umgesetzt und nicht kopiert.

Berliner Zeitung, Kultur – 29. April 1996

"Pasolini", 1996

DER SCHLEIM UND DIE WÜRGERWELT

von Detlef Friedrich

Der sanfte Kresnik: In Hamburg wurde das Stück "Pasolini" uraufgeführt
Die bunten Plakate des Malers und Bühnenbildners Gottfried Helnwein rings um das Theater und überall in Hamburgs Stadtteil Sankt Georg zeigen eine knallbunte Pieta.
Ein zarter, freudig leidender Leichnam Christi verbirgt einen mächtigen Phallus aus Kunststoff keinesfalls unterm Schamtuch.
Helnweins Bühnenbild: Ein vierstufiges rotes Podest, darauf ein goldener, hoher Altar, dahinter ein schwarzes Heiligenbild mit kopulierenden ragazzi di vita, Straßenjungs. Kirche der Abartigkeit wie des Schöpfertums.
Gottfried Helnwein hat das Polizeifoto des 1975 auf der Straße grauenvoll getöteten Pasolini blutig auf den Vorhang gemalt. Davor sitzt ein korrekt in dunkles Tuch gekleideter Pasolini, der auf der Reiseschreibmaschine einen Brief an den Dichterfreund Alberto Moravia schreibt.